In ihren installativen Werken kombiniert Linda Nadji oftmals lässig-reduzierte Materialästhetik und häusliches Interieur. Die Rohheit der quasi unbearbeiteten Baustoffe trifft auf Gegenstände und Skulpturen, die Geschichten erzählen, von früher, von einer anderen Welt. Mit ihren Settings und Kombinationen öffnet die Künstlerin eine Wunderkammer der Objekte und Materialien, die sich nicht in ihrem Ausmaße begrenzen lässt – ob als großformatige Installation, die den Raum verspannt bzw. diesen definiert oder als Interieur, das aus dem Lot geraten ist und sich erst in seinem kleinsten Detail dem Betrachter komplett erschließt.
Gegens tände des wohnlichen Alltags – Mobiliar , Teppiche, Teller , Vorhänge, Koffer, Briefumschläge, Stoffe etc. – werden in ihrer formalen Beschaffenheit oftmals modifiziert und vervielfältigt. Bildhauerische Fragestellungen verbinden sich dann mit der gegebenen narrativen Aufladung der gegenständlichen Welt, die hier jedoch vielmehr intuitiv und subtil einfließt, als bewusst aktiviert wird. Erzählerische Momente blitzen lediglich kurz auf, um sich gleich darauf wieder aufzulösen in der Abstraktion von Stofflichkeit und Ornamentik. Wo das Material im traditionellen Sinne lediglich als Medium von Inhalten fungiert oder in seiner Autonomie oftmals nur durch seine Isolation zur Motivwelt zu bestehen vermag, balancieren sich Form und Inhalt in Nadjis Werken gleichberechtigt nebeneinander aus. Die Faszination der Künstlerin für die Farb-, Oberflächen- und Materialvielfalt, die ihr im Alltag begegnet, geht einher mit ihrer Aufmerksamkeit für ausrangierte Objekte, die sonst kaum Beachtung finden. Oftmals sind es räumliche Eingriffe und Verschiebungen, die den Blick auf das lenken, was normaler Weise untergeht. Und es ist die spezifische Materialwahl in Anlehnung an die vorgefundenen räumlichen Strukturen, die quasi Unsichtbares zum Vorschein bringt, ja die Kombination von Gegensätzen, die individuelle Qualitäten zu Tage treten lässt.
Für Linda Nadji sind Arbeitsprozess und dessen „Randerzeugnisse“ gleichwertig zu Anfangsidee und Endprodukt; spontane Kleinplastiken und Abgüsse haben nicht weniger Bedeutung als raumgreifende Installationen. Und wo sich lockere Stoffbahnen oder industrielle Textilien an der einen Stelle noch straff um Rahmen oder Säulen spannen, dürfen sie an anderer Stelle wieder, der Schwerkraft nachgebend, ihr natürliches Wesen entfalten. Aktive Formbildung und souveränes Zulassen bilden einen Rhythmus, der sowohl den Arbeitsprozess als auch die Werke Linda Nadjis kennzeichnet.